Kunst
Archiv einer Kindheit - Einblicke in die Ausstellung von Gian Zarotti
Am 6. Juli wurde die Ausstellung «Archiv einer Kindheit» von Gian Zarotti eröffnet. In den nächsten zwölf Monaten lässt Zarotti auf den acht Kunstplakatstellen in Uster sein Aufwachsen in und um Uster Revue passieren. Die Vernissage fand am 6. Juli 2023 statt. Wir waren dabei und haben den Künstler zu seinem Projekt interviewt.
Was war deine Motivation, dich für die Gestaltung der Kunstplakate zu bewerben? Ich kannte den Kunstplakatwettbewerb in Uster schon länger, ich bin ja hier aufgewachsen. Ich habe mir auch früher schon überlegt, mich zu bewerben, habe aber nie die Zeit und Idee für eine Bewerbung gefunden. Im vergangenen Herbst kam ich aber kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist Ende Oktober noch zu einer Idee, was mich dann motivierte die Unterlagen einzureichen.
Kannst du dein Projekt kurz beschreiben? Am Anfang stand die Idee, eine Portraitserie zu kreieren. Diese sollte aus Personen, Tieren, Orten und Geräuschen bestehen, an die ich mich aus meiner Zeit in Uster erinnere. Ich habe mich bewusst dafür entschieden nicht nur Menschen darzustellen. Damit wollte ich eine gewisse Varianz und Reichhaltigkeit der Bilder ermöglichen.
Die Vorlagen habe ich mithilfe von digitalen KI-Bildgeneratoren erstellt. Dies tat ich aus verschiedenen Gründen. Einerseits kamen zu diesem Zeitpunkt die ersten wirklich leistungsfähigen KIs auf den Markt, andererseits versprach ich mir eine Vereinfachung meines Workflows. So konnte ich quasi automatisiert Bildkompositionen erstellen. Ausserdem war es mir wichtig, keine Personen eins zu eins zu portraitieren, da dies zu persönlich gewesen wäre. In diesem Fall hätte ich um Erlaubnis fragen wollen, was zu aufwendig gewesen wäre. Diese Vorgehensweise öffnete aber auch einen Spielraum für absurde und befremdliche Charaktere. Die KI ist ja nicht vor Irrtümern gefeit, was in den Bildern auch sichtbar bleibt. Durch das Abstrahieren und Verfremden versuchte ich, Assoziationen zwischen meiner Erinnerung und der Erinnerung der Betrachtenden zu schaffen. Ich wollte nicht plump meine Geschichte erzählen, sondern versuchen, meine Erfahrungen zu verallgemeinern und so zugänglicher und offen für Interpretationen zu gestalten.
Die KI-generierten Vorlagen habe ich cartoonhaft und plakativ umgesetzt. Als Grafiker war es mir ein Anliegen, auch wirkliche Plakate zu gestalten. Sprich nicht einfach grosse Bilder zu machen, sondern auf das Medium einzugehen und mit der Zeichnung eine möglichst plakative Wirkung zu erzielen.
Wie bist du auf das Thema gekommen? Im Herbst 2022 war ich auf einer Forschungsreise in Carrara - einer Stadt in der Toskana, wo Marmor abgebaut wird. Der Künstler Dominik Stahlberg, der seit 15 Jahren in Italien lebt, erzählte mir, dass er an einer Serie von Figuren arbeitet, die Menschen aus Carrara darstellen. So kam ich auf die Idee meiner Serie zu meiner Kindheit und Jugend in Uster. Auf die Art der zeichnerischen Umsetzung kam ich aus meinem Auslandsemester in Bremen. Ich habe da unter anderem bei Samuel Nyholm, einem Schwedischen Cartoonisten studiert, welcher mich in meinem Zeichnen stark ermutigte und motivierte. Dass ich künstliche Intelligenz miteinbeziehen würde, war dann ein bisschen den Zeichen der Zeit geschuldet, da diese Tools im Herbst 2022 gerade stark aufkamen. Zudem dachte ich, wie bereits erwähnt, dass ich so meinen Gestaltungsprozess vereinfachen kann.
Hat sich das Projekt während deinem Arbeitsprozesse verändert? Verändert ist vielleicht nicht der richtige Begriff. Entwickelt hat sich das Projekt aber durchaus. Im Wesentlichen blieb ich bei meiner Ausgangslage und habe auf das Konzept vertraut. Ich habe jedoch verschiedene Sachen ausprobiert, vor allem beim Erstellen der Vorlagen. Das Experimentieren mit der KI war und ist interessant. Mit der Zeit durchschaute ich die Maschine aber auch ein bisschen und so blieb das Überraschungsmoment aus. Alles in allem gab es aber keinen Moment wo ich dachte, ich müsse von vorne Anfangen.
Wie ist das Gefühl, deine Kunst in den Strassen Usters zu sehen? Es ist ein schönes Gefühl. Es macht Spass zu sehen, welche Bilder wo landen. Auch wie sie von nahe in ganz gross, aber auch wie sie in klein von weit weg aussehen. Das sind ja Sachen, die in so einem Arbeitsumfang recht schwer zu testen sind. Es ist auch ein Gefühl der Erleichterung eine Arbeit gedruckt in der Welt zu sehen, mit der man doch sehr viel Zeit im Atelier verbracht hat.
Was sind deine nächsten Pläne? Ich versuche im Moment ein gutes Gleichgewicht zwischen selbstinitiierten Projekten und Auftragsarbeiten zu finden. Da die Kunstplakate ziemlich intensiv waren und sind, sie sind ja noch nicht alle abgeschlossen, werde ich dieses Jahr wohl kein grosses Kunstprojekt mehr anreissen, habe aber einige Arbeiten die ich weiterverfolge. Ausserdem versuche ich immer auch an Aufträgen als Grafiker zu arbeiten, was mir auch sehr viel Spass macht.
Links kunstplakate23.ch / gianzarotti.org / uster.ch/kunstplakat
Jährliche Kunstaktion der Stadt Uster Mit dem Projekt Kunstplakat beauftragt die Stadt seit 2009 jährlich eine Künstlerin oder einen Künstler, die acht Plakatstellen zwischen dem Stadthaus und der Villa am Aabach zu gestalten. Hierfür schreibt die Kulturkommission jeweils im September einen Betrag von 6'500 Franken aus.
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Kulturblog Uster
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