Ensemble Zera
Ensemble Zera
Orgel Uster
Orgel Uster

Musik

«Die klanglichen Möglichkeiten der Orgel sind sehr faszinierend»

Am Sonntag, 28. August 2022 wird das Ensemble Zera unter dem Konzerttitel ‘Funkelnde Orgel’ am Orgelfestival Uster auftreten. Mit Tina Zweimüller, der Organistin des Ensembles und der Kirchgemeinde Pfäffikon ZH, sprechen wir über das Konzertprogramm und über zahlreiche Facetten der Orgel und Orgelmusik in vergangenen und bevorstehenden Zeiten.


Tina Zweimüller, du spielst am Orgelfestival Uster im Ensemble Zera mit Violine, Oboe und Fagott. Was für Musik erwartet uns?
In der Hochblüte des Barocks hatte oftmals an den vermögenden Höfen ein reger musikalischer Austausch stattgefunden. Ich stelle mir ein Aufspielen vor einem kleinen Kreis von Adligen vor – und genau solche Musik spielen wir mit unserem Ensemble. Dieses wurde eigentlich wegen der originellen Triosonate von Jan Dismas Zelenka gegründet. Speziell an dieser Triosonate ist die sorgfältig ausgearbeitete Bassstimme, die gleichwertig zu den anderen Stimmen erscheint. Das barocke Programm erweitern wir mit Stücken aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Die Idee zu dieser Kombination kommt tatsächlich von der Cembalomusik, die im Barock sehr populär war, in der Romantik ein Tief erlebte, und schliesslich in der Moderne ein Comeback mit vielen coolen Stücken feierte. Werke aus beiden Zeitepochen können auch gut mit der Orgel gespielt werden – und das ist nun unser Rezept (lacht). Auch spielen wir gerne an Orten wie dem Schloss Uster oder in einem Rathaus, an denen man sich zu damaligen Zeiten ein solches Ensemble hätte vorstellen können – wer weiss.


Vom Konzertprogramm zum Beruf als Organistin: Wie bist du zum Orgelspiel gekommen?
An der Kantonsschule musste ich mich für ein Instrument entscheiden – und ich wollte weiterhin zu meiner damaligen Klavierlehrerin. Meine Mutter und andere aus der Verwandtschaft waren Organistinnen und Organisten. Deswegen wusste ich, dass man das Orgelspiel erlernen kann (lacht). Ausserdem bin ich in einem kirchlichen Umfeld aufgewachsen und Gottesdienste waren mir nicht fremd. Der Entscheid zum Kirchenmusikstudium war nochmals ein grosser Schritt nach dem Schulabschluss – denn was der Beruf der Kirchenmusikerin alles beinhaltet, erfährt man erst in der Praxis. Es war toll, da ich schon mit Beginn des Studiums als Organistin arbeiten konnte, und so vieles aus der Ausbildung in den Gottesdiensten umsetzen konnte. Wo kann man das als Musikerin sonst tun? Diese praktische Ergänzung hat das Studium sehr bereichert. Viele studieren zusätzlich noch Chorleitung oder Dirigieren, aber für mich persönlich ist das Orgelspiel am schönsten. Die Breite an Orgelliteratur ist endlos; da braucht man keine Angst zu haben, dass man nichts zum Üben fände (lacht). Trotzdem gehört zum Alltag als Kirchenmusikerin der Kontakt zu allen Altersgruppen, zum Beispiel in Form von Jugendfeiern oder Seniorensingen, dazu – das ist sehr schön. Ausserdem mag ich es sehr, Chöre auf der Orgel zu begleiten (lacht). Speziell an Beerdigungen erkennt man, wie die Musik die Leute berührt – das ist ein sehr schöner Teil unserer Arbeit, und man hat das Gefühl, etwas Sinnvolles in diesem Moment beigetragen zu haben. Unser Alltag ist sehr vielfältig und abwechslungsreich – und die Arbeit gefällt mir bis heute immer noch sehr.

Was fasziniert dich an der Orgel und an der Orgelmusik am meisten?
An der Orgelmusik ist es schon die Komplexität einer fünf- oder gar sechsstimmigen Komposition, wie beispielsweise eine Bach-Fuge. Eine solche übst du, bis die Hände und Füsse unabhängig voneinander werden, und das Spiel dich bis zum Schluss trägt. Diese Vielstimmigkeit funktioniert – und das ist schon sehr faszinierend. An der Orgel selbst fasziniert mich die grossen klanglichen Möglichkeiten und die Vielseitigkeit des Instruments am meisten. Es gibt zum Beispiel auch kleine Orgeln, an denen man ein extrem schönes Register findet – der Glücksgriff eines Orgelbauers! Der Orgelbau als Handwerk ist auch sehr interessant – alles an der Orgel ist von Hand gemacht! Deine Lieblingsmusik? Johann Sebastian Bach, César Franck und verschiedene zeitgenössische Musik.

Wie wird die Zukunft der Orgel deiner Meinung nach aussehen?
Das ist sehr schwierig zu beantworten. (überlegt) Wenn die Leute nicht mehr in Kontakt mit der Orgel kommen, dann verschwindet sie. Alles, was die Leute nicht hören oder sehen, gerät in Vergessenheit. Es kommen zwar schon immer weniger Menschen in die Kirche; man sollte dennoch genug offen sein, die Möglichkeit zu nutzen und allen Interessierten die Orgel zu zeigen. Mit der Orgel aus der Kirche zu laufen, ist einfach schwieriger, und das Orgelspiel im Konzertsaal ist ein anderes Erlebnis. Ich denke, dass es viele Leute auch ausserhalb der Kirchgemeinde gibt, die den Kirchenraum schätzen und ihn als besonderen Raum wahrnehmen. Das Orgelspiel in einem solchen Rahmen ist anders als im Keller oder in der Tonhalle. Die Offenheit gegenüber allen interessierten Personen ist wohl der Schlüssel. Zum Beispiel bieten wir Orgelführungen für Kinder an, oder manchmal spiele ich vorne an der kleinen Orgel, damit die Leute mir zusehen können. Auch die Projektion von Orgelkonzerten auf die Leinwand schätzen die Zuhörer:innen. Es ist lässig, einen Menschen in Aktion zu sehen – im Sport schaut man ja auch gerne zu (lacht).

Was wünschst du der Orgel und Orgelmusik für die Zukunft?
Solche Initiativen wie das Orgelfestival Uster sind super – es hat sich in der Kulturszene etabliert, und zum Publikum gehören nicht nur die eingefleischten Orgelfans und Kirchengänger:innen. Auch die stilistische Vielseitigkeit ist toll – man erreicht verschiedene Menschen aus unterschiedlichen musikalischen Hintergründen. Allerdings muss man heutzutage auch feststellen, dass die Tendenz zur einseitigen Stückauswahl auf allen Instrumenten steigt. Man spielt die gleichen Kompositionen auf der Querflöte und auf dem Fagott, was die Stärken jedes Musikinstrumentes nicht unbedingt optimal präsentiert. Das sieht man zum Beispiel bei den Kindern, die alle unbedingt ihre Lieblingsfilmmusik spielen wollen. Es ist natürlich verständlich bei Kindern, dass man ihre Freude an Musik nicht verderben möchte. Trotzdem erzielen die originalen Stücke, die für ein bestimmtes Instrument geschrieben wurden, häufig eine grössere Wirkung. Es kommt nicht drauf an, ob es Volksmusik, Filmmusik, Alte oder Neue Musik ist. Aus meinen Erfahrungswerten kommen die positiven Rückmeldungen meist für die originalen Orgelstücke – und nicht unbedingt für meine musikalische Umsetzung von persönlichen Musikwünschen. Möglicherweise liegt das aber auch an meinen Adaptionen (lacht).

Autor

Kulturblog Uster

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Kategorie

  • Musik

Publiziert am

25.07.2022

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