Kunst
Mit der „Hebamme“ Altbekanntes neu entdecken
Die Inhalte, die es auf den legendären Spaziergängen mit Karen Geyer durch verschiedene Orte im Zürioberland besprochen werden, sind immer anders. Karin Geyer entwickelt diese spontan je nach Interesse der Teilnehmer:innen. Die Klangkünstlerin und Kunstvermittlerin sieht sich dabei als «Hebamme», die Altbekanntem zu neuem Leben verhilft.
Text und Interview: Jacqueline Falk, Leiterin Kultur und Gesellschaft, Standortförderung Zürioberland
Was sind „Lebendige Geschichten aus dem Zürioberland“?
Wir erzählen und hören uns lokale Geschichten an. Ausgangspunkt sind die Bibliotheken in Uster, Wetzikon, Rüti und letztes Jahr war auch Russikon dabei. Wir starten unsere Spaziergänge zur Feierabendzeit vor der Bibliothek und suchen bekannte sowie unbekannte Kunstwerke und interessante Gebäude auf. Bei den Führungen lasse ich viel Raum für Erzählungen der Ortsansässigen. Deshalb ist jede Tour einzigartig.
Was genau gibt es im Zürioberland zu entdecken?
Das ist eben das Geheimnis! Wir bewegen uns meistens in gewohnter Umgebung und glauben, unsere Gegend zu kennen. Auf unseren gemeinsamen Spaziergängen kommen wir ins Staunen. Was genau passiert, ist nicht vorhersehbar, da die Inhalte von den Personen abhängen, die teilnehmen. Obwohl ich viel recherchiere und mich mit Nänikon auseinandersetze, kannte ich das FKK-Föhrlibad nicht. Davon erfuhren wir erst durch eine Teilnehmerin. Damit das lokale Ortswissen auch andere erreicht und nicht verloren geht, wollen wir in Zukunft individuelle Geschichten aufnehmen und dann Podcasts daraus machen. Auch lade ich manchmal ortskundige Expert:innen ein, die uns auf der Führung begleiten.
Wer nimmt an diesen Kunst-Spaziergängen teil?
Die Anlässe sind für alle offen und das Publikum sehr durchmischt. Jemand, der mehr über die Nachbarschaft erfahren möchte, gerne Geschichten hört oder eigene erzählt, ist hier genau richtig. In Rüti kamen beispielsweise Ukrainerinnen mit auf den Spaziergang. Wir fingen an, in mehreren Sprachen zu kommunizieren und lernten uns beim Übersetzen besser kennen. Bei einer anderen Veranstaltung, in Kooperation mit Irene Tobler, die das Ortsarchiv in Wetzikon leitet und Wetzipedia vorstellte, nahmen über fünfzig Leute teil, die im Zürcher Oberland wohnen und wissen wollten, wie sich Wetzikon über die Jahrzehnte verändert hat. Ein ehemaliger Gemeindepräsident war auch schon mit auf einem Spaziergang und verriet uns spannende Geschichten aus den Nähkästchen...
Es geht also auch um den Austausch untereinander?
Ja genau! Unsere Rundgänge finden nach Feierabend statt – also ein idealer Zeitpunkt, um den Alltag hinter sich zu lassen und sich mit Gleichgesinnten über Kunst und Kultur, aber auch das Leben in der Gemeinde auszutauschen. Der Spaziergang ist ein kollektives, positives Erlebnis an der frischen Luft. Das Unterwegssein und die Entschleunigung schaffen Raum für Spontaneität und Austausch. Auf den Spaziergängen hat es Platz für Geschichten über Kunstwerke, Architektur und Geschichte, aber auch für das Zuhören und das Erzählen eigener Erlebnisse und Anekdoten.
Wie geht es weiter?
In Uster zum Beispiel biete ich Spaziergänge zum Thema „Wandmalereien“, „Friedhofskunst“, „Betonkunst“ oder „Kunst im Kreisel“ an. Der Austausch über das lokale Ortswissen ist nicht nur für mich und Privatpersonen, sondern auch für Museen, Vereine und andere Institutionen eine Bereicherung. Ich werde deshalb weiterhin Menschen und ihre Geschichten aufspüren, sie zusammenbringen und die lokale Bevölkerung dazu einladen. Es gibt noch viel zu erzählen!
Die international tätige Karen Geyer lädt seit 2021 in Zusammenarbeit mit der Standortförderung Zürioberland und den Bibliotheken zu Kunstspaziergängen ein. Darüber hinaus bietet sie Workshops zur Kultur- und Industriegeschichte, Oral History-Projekte oder Podcasts für Jugendliche an. Die Veranstaltungen finden in Uster, Wetzikon und Rüti statt. Die Teilnahme ist kostenlos.
Die Feierabendspaziergänge in Uster sind jeweils am letzten Donnerstag im Monat. Treffpunkt: Bibliothek Uster um 18:30 Uhr. Die Führungen dauern eine Stunde.
Programm 2023
29. Juni An der Aa
27. Juli Industrie & Kunst
31. August Familienbilder
28. September Auf dem Friedhof
Autor
Kulturblog Uster
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Kategorie
- Kunst
Publiziert am
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