Hermann Burger
Hermann Burger

Film, Literatur

Zauberei und Sprache in der Fabrikantenvilla

Es war Mittwochabend, 5. Oktober 2022. Rund fünfzig Personen versammelten sich an diesem Abend in der Fabrikantenvilla Grunholzer in Uster, um den verstorbenen Schweizer Schriftsteller Hermann Burger zu ehren. Der Aargauer wäre dieses Jahr 80 Jahre alt geworden.

Im Zentrum der Ehrung an diesem Abend stand das Buch „Zauberei und Sprache“ des Verlags „Nagel & Kimche“. Auf dreihundert Seiten versammelt dieses erstmals alle Texte Burgers zur Magie. Zur Ehrung von Hermann Burger traten verschieden Personen ins Rampenlicht - es waren Simon Zumsteg, der Herausgeber von „Zauberei und Sprache" und Robert Hunger-Bühler. Hunger-Bühler wurde dabei als grossartiger Schauspieler, ja sogar als Koryphäe in seinem Fach angekündigt - er ist, wie Burger es auch war, mit Aarau verbunden und kannte den Autor persönlich. Abwechselnd trug er mit fester, klarer Stimme ausgewählte Passagen aus dem Buch vor, der «Burger-Kenner» Zumsteg wiederum kommentierte. Er tat dies mit viel Wissen, aber weniger klarer Stimme, weshalb er vom Publikum aufgefordert wurde, seine Gedanken im Stehen vorzutragen.

Los ging es ohne Trigger-Warnung mit dem ersten Gedicht Burgers:

„Einsamkeit,
dunkel hing sie herab,
mir als Strick um den Hals,
und wollte mich erdrosseln.
Ich packte das Tau,
zog die kalten Füsse an,
ein Geläut hob mich empor.“

Die Worte Burgers verbreiteten eine bedrückte Stimmung im Saal. Die düstere, herbstliche Atmosphäre verstärkte dies noch zusätzlich. Nebel war zwar keiner da, hätte aber durchaus gut gepasst. In der Mitte der Lesung wurde die Stimmung mit einem Filmausschnitt von „Diabelli“ aufgelockert. Der Schriftsteller selbst spielte in der Schweizer Fernseh-Produktion (siehe Link oben rechts) die trotz aller Tiefe von Witz geprägte Hauptrolle „Diabelli“. Auf das filmische, aufhellende Intermezzo folgte eine aufgelockerte Vorstellung: die beiden Protagonisten thematisierten Burgers Faszination für Zirkus und Zauberei.

„Hätte man mich, ... , die Welt erschaffen lassen, ich hätte sie von Anfang an als Zirkus erschaffen und hätte die Menschheit nur vorstellungsweise in die Menagerie der Normalität entlassen.“ (aus „Das Circensische und ich“).

Abschliessend wurden mit kräftiger Stimme auserlesene philosophische Sätze über die Selbsttötung, besser bekannt als „Tractatus Logico-Suicidalis“, von Hunger-Bühler vorgetragen. Die Sätze wurden dabei mit einer Diaschau bestehend aus Fotografien von Hermann Burger unterstrichen. Die Fotografien stammten dabei von Isolde Ohlbaum. Der Autor liess sich offenbar gerne mit Zigarre und im Sportwagen ablichten: Zirkus, Zauberei und Zigarre.

Die Kraft und Intensität von Burgers Werk und Hunger-Bühlers Stimme in Kombination schufen in der Bell-Etage der Fabrikantenvilla eine Stimmung der allgemeinen Betroffenheit. Niemand schien sich dieser entziehen zu können, und so waren alle einverstanden, als Veranstalter Christoph Meister vorschlug, auf die Schlussdiskussion zu verzichten. Es wurde bereits genug gesagt, und dies galt es zu verdauen. Der gesamte Apéro im Nebenzimmer bot dazu Gelegenheit. Und wer die Texte in aller Ruhe nachlesen wollte, konnte auch gleich ein Buch kaufen und dieses signieren lassen.

Dieser Blogbeitrag zur Lesung von „Zauberei und Sprache“ stammt von Jula Mina Zwinggi. 

Autor

Kulturblog Uster

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Kategorie

  • Film
  • Literatur

Publiziert am

25.10.2022

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